KNX Data Secure vs. KNX IP Secure – Warum beide Sicherheitsstandards wichtig sind
Smarte Gebäude brauchen smarte Sicherheit
Moderne Gebäudeautomation mit KNX steht heute für Energieeffizienz, Komfort und Vernetzung – aber mit wachsender Komplexität steigt auch die Verantwortung für Datensicherheit. KNX reagiert darauf mit zwei eigenständigen Sicherheitsstandards: KNX Data Secure und KNX IP Secure. Beide schützen unterschiedliche Ebenen der Kommunikation – und beide werden durch aktuelle gesetzliche Rahmenbedingungen wie die NIS-2-Richtlinie zunehmend verpflichtend für bestimmte Anwendungen.
KNX Data Secure: Schutz auf Telegramm-Ebene
KNX Data Secure sichert jedes einzelne Telegramm im KNX-System ab – unabhängig davon, ob es über Twisted Pair (TP), KNX RF oder Powerline (PL) übertragen wird. Es sorgt für:
– Ende-zu-Ende-Verschlüsselung (AES-128)
– Authentifizierung des Absenders
– Integritätsprüfung, um Manipulationen zu erkennen
Das ist besonders in Umgebungen wichtig, wo physischer Zugang zu Busleitungen besteht – etwa Hotels, Schulen, Mehrparteienhäusern oder Gewerbeobjekten.
KNX IP Secure: Schutz auf Netzwerkebene
KNX IP Secure schützt die Übertragung von KNX-Telegrammen über IP-Netzwerke, z. B. zwischen Linien, Gebäuden oder zu Visualisierungsservern. Auch hier kommt AES-128-Verschlüsselung zum Einsatz. Besonderheiten:
– Absicherung der KNXnet/IP-Kommunikation
– Tunnelverbindungen werden verschlüsselt
– Nur autorisierte Teilnehmer erhalten Zugriff
Damit wird die Kommunikation über Netzwerksegmente und das Internet abgesichert – z. B. bei Fernwartung, Cloud-Anbindung oder komplexen IP-Topologien.
NIS-2: Warum Sicherheitsstandards jetzt auch rechtlich relevant sind
Mit der NIS-2-Richtlinie der EU, die bis Oktober 2024 in nationales Recht überführt wurde, rückt IT-Sicherheit in der Gebäudetechnik verpflichtend in den Fokus – vor allem bei:
– Kritischer Infrastruktur (KRITIS) wie Gesundheitswesen, Energie, Transport, Verwaltung
– Digitaler Infrastruktur (z. B. Rechenzentren, Netzbetreiber)
– Öffentlichen Gebäuden und Behörden
Gebäudeplaner, Integratoren und Betreiber müssen nachweisen, dass sie technische und organisatorische Maßnahmen zur Cybersicherheit umgesetzt haben. KNX Secure ist hier ein starkes Argument – vor allem in Projektausschreibungen.
Praxisvergleich: Was wird wie geschützt?
KNX Data Secure:
– Anwendungsebene: Einzelne Telegramme
– Medien: TP, RF, PL
– Schutz vor: Telegramm-Manipulation, Sniffing
– Anwendungsfall: Licht, Beschattung, Sensorik
– Verschlüsselung: Ja (AES-128)
– Projektierung über ETS: Ja, ab ETS 6.3 oder neuer
KNX IP Secure:
– Anwendungsebene: Netzwerkinfrastruktur
– Medien: Ethernet/IP
– Schutz vor: IP-Sniffing, Replay-Angriffen
– Anwendungsfall: Linienkopplung, Visualisierung
– Verschlüsselung: Ja (AES-128)
– Projektierung über ETS: Ja, ab ETS 6.3 oder neuer
Warum „entweder-oder“ nicht mehr zeitgemäß ist
Nur wer beide Ebenen absichert, schafft ein durchgängig geschütztes System:
– KNX Data Secure schützt lokale Kommunikationsflüsse (z. B. Schalter → Aktor)
– KNX IP Secure schützt Netzwerkverbindungen und Fernzugriffe
Besonders in Kombination mit strukturierter IT-Segmentierung (VLANs, Firewalls) entsteht ein ganzheitliches Sicherheitskonzept – ein Muss für größere Projekte und NIS-2-relevante Anlagen.
Planungstipps aus der Praxis
– Aktuelle ETS-Version verwenden: ETS 6.3 oder neuer erforderlich für Secure-Funktion
– Geräteauswahl prüfen: In Datenblättern und ETS-Katalogen auf Secure-Unterstützung achten
– Schrittweise Integration möglich: Secure-Komponenten lassen sich auch selektiv einsetzen
– Key-Management gut dokumentieren
– Schnittstellen absichern: IP-Router, Gateways und Visualisierung besonders schützen
– Compliance-Nachweise vorbereiten: Dokumentation für Audits oder NIS-2-Prüfungen anlegen
Fazit: Sicherheit ist kein Add-on, sondern Standard
KNX bietet mit Data Secure und IP Secure zwei zukunftssichere Standards, die nicht nur technologisch überzeugen, sondern auch gesetzlichen Anforderungen wie NIS-2 gerecht werden. Wer jetzt beides in seine Planung integriert, erfüllt nicht nur Kundenwünsche nach Sicherheit, sondern auch regulatorische Verpflichtungen – ein Vorteil, der sich besonders in Ausschreibungen zeigt.
Bonus: Checkliste „KNX-Sicherheit richtig umgesetzt“
– ETS 6.3 oder höher im Einsatz
– KNX-Secure-fähige Geräte gezielt eingeplant
– Schlüssel- und Passwortverwaltung dokumentiert
– KNX IP Secure bei Gateways & Visualisierung aktiviert
– Projekt gegen unberechtigten Zugriff geschützt
– Sicherheitskonzept in Anlehnung an NIS-2 vorhanden